D O P P E L C I C E R O


Die Schrift

Schrift, Font, Type, Alphabet, Schriftart, Garnitur, Schriftschnitt, Schriftgrad, Schriftstil, Schriftfamilie — Begriffe, die nicht zuletzt durch den Einsatz der Computertechnologie bzw. dem DTP, oft verwechselt werden. Um etwas Klarheit diesbezüglich zu verschaffen, gehe ich zunächst auf diese Begrifflichkeiten ein.

Eine Schrift (engl. Typeface) besteht aus einer "Menge aller Zeichen einer (digitalen) Schrift mit denselben Merkmalen hinsichtlich der Schriftfamilie … des Schriftschnittes … und des Schriftgrades." 19 Sie stellt oft eine von mehreren Schriftschnitten/Garnituren/Alphabeten innerhalb einer Schriftfamilie dar. Es besteht jedoch die Möglichkeit, daß eine Schrift aus nur einer Garnitur besteht (z.B. die ‚Brush Script‘).

Font ist die englische Bezeichnung für eine digitale Schriftdatei, in der unterschiedliche Informationen einer Schrift gespeichert sind. Oft wird der Name einer Schriftfamilie benutzt, um klar zu stellen, mit welcher Schrift der Satz erfolgen soll. Wenn jedoch z.B. von ‚Helvetica‘ gesprochen wird, ist es nicht ersichtlich, um welchen Schnitt es sich dabei handelt. Deshalb sollte man die volle Bezeichnung des Fonts nennen (z.B. ‚Helvetica Narrow Bold Oblique‘), sowie den Hersteller (Adobe, Berthold, etc.). Der Herstellername ist von wesentlicher Bedeutung, wenn z.B. ein Werk nachgesetzt werden soll, da sich gleichnamige Fonts verschiedener Hersteller in vielen Elementen unterscheiden (worauf ich nachfolgend eingehe).

Die Schriftfamilie ist die Bezeichnung für die "Gesamtheit aller Zeichen einer Schrift mit gleichem Namen, unabhängig von Schnitt und Grad." 20 Die ‚Optima‘ stellt eine Schriftfamilie dar. Mitglieder, die diese Familie bilden, sind ‚Optima Roman‘, ‚Optima Roman Oblique‘, ‚Optima Bold‘ und ‚Optima Bold Oblique‘ (mittlerweile ist die ‚Optima‘ um weitere Schnitte erweitert worden: ‚Optima Medium‘, ‚Optima Medium Italic‘, usw. Die vier ersten Garnituren bilden gleichzeitig das Minimum, das in der traditionellen typografischen Welt als Schriftfamilie gilt. Sie bilden die Grundlage für eine genügende Abwechslung zur Textauszeichnung.

Schriftschnitte (auch Garnituren/Alphabete) bilden die Mitglieder einer Familie und unterscheiden sich üblicherweise in folgenden Merkmalen:

  1. der Strichstärke (Light, Roman, SemiBold, Bold, UltraBold usw.),
  2. der Laufweite (Normal, Condensed, Extended, usw.),
  3. dem Neigungswinkel (Kursiv, Italic, Oblique),
  4. anderen Merkmalen (Monospaced, Outline, Shadow, Alternate, Expert, Display, OsF = Old style Figures, usw.).

Schriftstil wird als Synonym für den Schriftschnitt benutzt. Anwendungsprogramme bieten, in Zusammenhang mit verschiedenen Schriftformaten, unterschiedliche Darstellungsmöglichkeiten des Schriftbildes an. Durch bloße Transformation (Zunahme der Strichstärke, Neigung, usw.) können, in Abhängigkeit von den Programmen, folgende Stile erstellt werde: Standard, Bold, Kursiv, Unterstrichen, Kontur, Schattiert, Schmal, Weit, … Diese Stile werden ‚on the fly‘ erstellt und benötigen keine individuelle Schriftdateien. (-> Kapitel 4.8)

Die Bezeichnungen für die unterschiedlichen Schriftschnitte fallen jedoch äußerst unterschiedlich auf. "Da die Schrifthersteller und Vertreiber der Schriften sich nicht auf eine bestimmte Bezeichnung geeinigt haben, stehen in den Schriftmenüs der Anwendungsprogramme oft sehr verschiedene Bezeichnungen für denselben Schriftschnitt. Außerdem können Bezeichnungen wie heavy und black für ein und den selben Schriftschnitt stehen." 21


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Abb. 2.1-1
Oben die ‚Post Antiqua Roman ‘+ ‚Post Antiqua Bold ‘(oben Linotype Library)
Unten die ‚Post Antiqua Regular ‘+ ‚Post Antiqua Medium ‘(unten Berthold)

Vom Namen her sind die Schriften in der Abbildung 2.1-1 gleich (‚Post Antiqua‘). Sie unterscheiden sich jedoch in ihren Bezeichnungen (Roman - Regular, Bold - Medium). Zudem wird im Vergleich der Schriften deutlich, daß sie unterschiedliche Laufweiten haben, weshalb die Linotype-Version weiter läuft als die Version von Berthold (-> Kapitel 4.1)

Bei den folgenden Abbildungen sind die Unterschiede noch gewaltiger. Die zwei oberen ‚Walbaum‘-Versionen sind für den Einsatz als Headlineschriften gedacht, weshalb sie etwas schmaler laufen, bzw. ihre Laufweite enger gehalten wird. 22


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Abb. 2.1-2
‚Walbaum‘-Versionen von Scangraphic, Adobe, Berthold und Monotype

Die Bezeichnungen für die Schriftschnitte hängen nicht nur vom Schrifthersteller ab, sondern auch vom Sprachumfeld. Folgende Begriffe und Synonyme möchte ich in diesem Zusammenhang erwähnen (Englisch):

  1. Für die Laufweite:
    Extraschmal (Extra Condensed, Thin), Schmal (Condensed, Compressed, Narrow), Normal (Regular), Breit (Extended), Extrabreit (Extra expanded)
  2. Für den Neigungswinkel:
    Normal (Regular), Kursiv (Italic, Oblique, Slanted)
  3. Für die Strichstärke:
    Ultraleicht (Ultralight), Extraleicht (Extralight), Leicht, Mager (Light), Buch, Normal (Roman, Book, Regular), Halbfett (Semibold, Medium), Fett (Bold, Heavy), Extrafett (Extrabold, Heavy, Black), Ultrafett (Black)

Da es jedoch keinen de facto Standard für diese Bezeichnungen gibt, sind auch andere Schnitte entstanden: micro, mega, broken, boiled, rough, one, double, …
 
 

Kursivschriften

"Eine Kursive ist ein leicht geneigter, laufender Buchstabentyp im Gegensatz zum gewöhnlichen stehenden Alphabet." 23 Bei westlichen Schriften, handelt es sich dabei um eine Schrägstellung der Buchstaben nach rechts (ca. 12°). "Für die Anwendung von Schrift gab es von Anfang an in aller Welt zwei grundlegende Ausdrucksarten: die monumentale Beschriftung auf Felswänden, an Palästen … sowie die kurrente, handschriftliche Aufzeichnung in Notiz, Briefverkehr, … . Die beiden Schriftweisen wurden gezwungenermaßen stets mit grundverschiedenen Instrumenten auf unterschiedlichen Materialien ausgeführt. Deshalb haben sich die Formen auch dementsprechend anders verhalten." 24 Die Unterschiede zwischen diesen beiden Buchstabentypen sind durch direkten Vergleich leicht ersichtlich.

Für die Schrägstellung werden unterschiedliche Bezeichnungen benutzt: Kursiv, italic, oblique und kurrent. Oblique ist eine Bezeichnung, die erst durch fotografische Verzerrungen und elektronische Satzgeräte entstanden ist. Es handelt sich dabei um die rein mathematische Schrägstellung — nicht um einen separat gezeichneten/erstellten Schriftschnitt. Kursiv bzw. Italic Fonts stellen tatsächlich separat gezeichnete Garnituren dar und haben bei Brotschriften meistens eine schmalere Laufweite. Kurrent ist die Bezeichnung für kursive Schreibschriften.


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Abb. 2.1-4
Die unterschiedliche Darstellung von ‚falscher‘ und ‚echter‘ Schrägstellung.

Hierbei gibt es jedoch Ausnahmen — z.B. die Schriftfamilie ‚Optima‘, die HERMANN ZAPF mit der Intention entwarf, hat keine echten Kursiv-Schnitte, also Italic-Schnitte anzubieten. Er entschied sich, beim New Yorker Satzstudio "Photo-Lettering", die damals neue Technologie der fotografischen Verzerrung zu nutzen, welche ED RONDTHALER erfand. Diese Verzerrungen dienten als Grundlage für die weitere Entwurfs- bzw. Gestaltungsarbeit der schrägen Schnitte. 25 Somit ist bei Linotype die Konsequenz der Bezeichnung ins Trudeln gekommen. In ihrer Bibliothek beinhaltet die ‚Optima‘ folgende Schnitte: roman, roman oblique, medium, medium italic, demi bold, demi bold italic, bold, bold oblique, black, black italic, extra black, extra black italic. Somit kommen beide Bezeichnungen ‚italic‘ und ‚oblique‘ zum Einsatz, was letztendlich zur Verwechslung dieser Begriffe führt.
 
 

Dicktengleiche Schriften

Eine besondere Schriftart sind die dicktengleiche oder nicht proportionale (engl.: monospaced) Schriften. Wie der Name schon sagt, handelt es sich dabei um Schriften, deren Zeichen alle die gleiche Dickte haben. Entstanden ist diese Schriftart mit der Einführung der Schreibmaschine, wobei die Diktengleichheit durch die Mechanik bedingt wurde. Dicktengleiche Schriften werden häufig für Tabellensatz benutzt, da insbesondere die Ziffern bzw. Zahlengruppen dadurch einheitlich untereinander stehen und eine leichte Gliederung ermöglichen (Abb. 2.1-5). Dabei sei zu erwähnen, daß die Ziffern der dicktengleichen und der proportionalen Schriften subtile Unterschiede aufweisen. So werden z.B. die Ziffern ‚0‘ und ‚8‘ bei dicktengleichen Schriften etwas enger gehalten.


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Abb. 2.1-5
Zahlenreihen gesetzt in ‚Courier‘ (links) und ‚Comic Sans MS‘ (rechts)

Fließtexte, die mit dicktengleichen Schriften gesetzt werden benötigen zum einen mehr Platz — bei gedruckten Sachen bedeutet dies einen größeren Papierverbrauch und zum anderen beeinflussen sie die Lesbarkeit in negativer Hinsicht. Eines der bekanntesten Beispiele dicktengleicher Schriften ist die ‚Courier‘.


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Abb. 2.1-6
Die Schrift ‚Courier‘

 
 

Piktogramm-Schriften

Piktogramm-, Logo- oder Symbol- Schriften enthalten keine herkömmlichen Buchstaben des jeweiligen Alphabets. Sie beinhalten vielmehr Symbole und Zeichen für verschiedene Zwecke. Mittlerweile gibt es viele solcher Sonderzeichen-Schriften, nicht zuletzt bedingt, durch die heutzutage vergleichsweise einfache Herstellung von Schriften — wobei ich hierin wiederum den Einfluß der Typografik sehe. Eine der bekanntesten Beispiele der Piktogramm-Schriften ist die ‚Zapf Dingbats‘.


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Abb. 2.1-7
Die Schrift ‚Zapf Dingbats‘


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Abb. 2.1-8
Die Schrift ‚Linotype Zigibats‘

Bei den Logo-Schriften gibt es einige Möglichkeiten, um deren Benutzung zu erleichtern. Die unterschiedlichen Zeichen, bzw. Logos können aus einem oder mehreren Teilen erstellt werden. Dabei wird die Tastaturbelegung so organisiert, daß bestimmte Piktogramme/Logos durch eine bestimmte Aneinanderreihung von Zeichen entstehen. Die Zeichen rutschen dabei automatisch übereinander und lassen sich einfärben. Das Einfärben muß immer noch in den unterschiedlichen Anwenderprogrammen passieren, da die TrueType und Type 1 Fonts, bei ihrer Erstellung, Farbe nicht unterstützen.

Für Unternehmen ist die Herstellung eigener Logo-Fonts von großer Bedeutung. Dadurch ist es möglich, das gewünschte Logo über die Tastatur einzugeben, ohne auf externe Bilddateien greifen zu müssen. Dabei kann entweder ein separater Font erstellt werden, oder das Logo wird in den Font der Hausschrift integriert.


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Abb. 2.1-9
Beim Tippen der Segmente fügen sie sich zu Gesamtzeichen zusammen (FontShop Katalog)

 
 


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