C I C E R O


Einführung

Eine der menschlichen Eigenschaften ist der Drang zur Kommunikation. Sie hat viele Ausdrucksformen, sowohl natürliche wie auch angeeignete. Von der Mimik, der Körperhaltung, dem Körpergeruch über die Gestik und die Sprache bis hin zum Zeichnen oder Malen bzw. Schreiben. "Aus dieser Überlegung heraus taucht die Frage auf, inwieweit diese körperliche Sprechbegleitung nicht Teil des Ursprungs zur schriftlichen Aufzeichnung sein konnten." 1 Diese ‚Aufzeichnung‘ bzw. ‚Visualisierung‘ hat sich der Mensch angeeignet und durch Jahrhunderte weiterentwickelt.

Bei der Visualisierung handelt es sich um das Aussehen der Zeichen. Unterschieden wird zwischen der Grundform (vergleichbar mit einer Muttersprache) und dem Stil der Schrift (vergleichbar mit dem Dialekt, bzw. wie artikuliert wird). Die Grundform ist mehr oder weniger konstant, während der Stil von Schrift zu Schrift variiert. Vergleichbar ist dies nicht nur mit der Sprache sondern auch mit dem menschlichen Körper — alle Menschen dieser Erde sehen im Grundsatz gleich aus — sie alle haben eine Grundform, das Skelett. Jedoch unterscheiden Sie sich dann doch in Proportionen, in Farbe und letztendlich in ihrer Kleidung.


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Abb. 1.1-1
Grundform/das Skelett der Schrift

 

Typografie

Das Schreiben, bzw. die Schrift wird als ‚visualisierte Sprache‘ verstanden — sie hält das Ausgesprochene fest. So, wie die Grammatik Regeln für die Sprache vorgibt, ist die Typografie zuständig für die Visualisierung, wobei sie sich gegenseitig beeinflussen.

Grammatik: "Teil der Sprachwissenschaft, der sich mit den sprachlichen Formen und deren Funktion im Satz, mit den Gesetzmäßigkeiten, dem Bau einer Sprache beschäftigt; Sprachlehre …" 2
Typografie: "Kunst der Gestaltung von Druckerzeugnissen nach ästhetischen Gesichtspunkten; Buchdruckerkunst." 3

Eine, aus meiner Sicht nicht gänzlich treffende Definition, da sie die grammatikalischen Einflüsse nicht berücksichtigt und sich nur an Druckerzeugnisse richtet. Auch die Zusammenfügung von Buchstaben zu Wörtern und Zeilen, deren Abstand sowie Anordnung untereinander wird als Typographie bezeichnet. Im Gegensatz zur Typografie wird auch noch vom Layout gesprochen — das Befassen mit der Gestaltung einer ganzen Seite, bestehend aus z.B. Textblöcken, Kolumnen, grafischen Elementen, Kopf- und Fußzeilen usw. Die Übergänge zwischen beiden Bereichen sind durchaus fließend. Gelegentlich werden auch die Begriffe Mikro- (für Typografie) und Makrotypografie (für Layout) verwendet. Die Typografie unterliegt weitgehend konstanten Regeln, die, im Gegensatz zum Layout, nicht von modischen Trends abhängen, sondern durch Parameter der menschlichen visuellen Wahrnehmung bestimmt sind.

Ein weiterer Aspekt ist die Unterscheidung zwischen Schriftgestaltern und Typografen. Die ersten geben dem Alphabet eine Form unter Berücksichtigung vieler ästhetischer/optischer Einflüsse. Sie bestimmen die grundlegenden Elemente einer Schrift, während Typografen als Benutzer dieser fertigen Schriften gesehen werden können. Auch hier sind die Übergänge fließend — durch die Computertechnologien werden immer mehr Typografen in die Lage versetzt, selbst einzugreifen, um Veränderungen nach eigenen Vorstellungen an einer Schrift vorzunehmen (Erweiterung des Zeichenvorrats einer Schrift, Zeichenverformung, usw.).
 
 

Typografik

Wie schon erwähnt, wird der Typografie im klassischen Sinne die Dokumentation des gesprochenen Wortes zugeschrieben. Allerdings gewinnt sie wieder zunehmend an dem visuellen, bildorientierten Ausdruck und wandelt sich in Typografik. Dieser Wandel kommt nicht von ungefähr. Bedingt durch den Einsatz moderner Computertechnologien werden ständig neue Anforderungen an die Schrift gesetzt — das Erstellen von Überschriften in Form von Bildern und die Beschriftung von Steuerungselementen (Buttons) bei der Gestaltung von Webseiten und Interface-Designs, sowie die Benutzung von Piktogrammen. Ein weiteres Einsatzgebiet der Typografik liegt in der Gestaltung von Logotypen, wobei die ursprüngliche Schrift bearbeitet, verfremdet bzw. manipuliert wird.

Bemerkenswert finde ich diese Entwicklung des bildorientierten Ausdrucks, wenn man sich die Anfänge der Sprachfixierung vor die Augen hält. Schon damals wurden Gegenstände, Daten und Aktionen von Piktogrammen schematisiert. Das wirkliche Schreiben entstand erst mit dem Neben- oder Untereinanderreihen der Zeichen um Gedankenabläufe darzustellen. Dabei entstanden zwei Arten der Schriftentwicklung, denen beiden die Bilderschrift zugrunde liegt:

- die bildhaft gebildeten Schriften — die chinesische Schrift, deren Zeichen im Stadium des Bildes (wenn auch stilisiert) geblieben sind. 4


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Abb. 1.1-2
Chinesische Schriftentwicklung

- die alphabetischen Schriften — das lateinische Alphabet. Die ursprünglichen Bildzeichen haben sich bis auf die äußerste Vereinfachung reduziert. 5


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Abb. 1.1-3
Lateinische Schriftentwicklung

 
 


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